Deregulierung entfesselt die Finanzwirtschaft Timelines: Geld-Finanzregulierungen

Da die Re-Regulierung des Eurodollarmarkts scheiterte, wurden in den USA 1981 „internationale Bankfazilitäten“ (IBF) als explizite Konkurrenz zum Eurodollarmarkt zugelassen (Helleiner 1994: 138).
IBF waren Zweiggesellschaften von US-Banken, deren Einlagen- und Kreditgeschäft nur US-Ausländern offenstand und die von der Einlagensicherung, den Mindestreservevorschriften und von Besteuerung befreit waren. Als direkte Konkurrenz zum Eurodollarmarkt schwächten IBF den Finanzplatz London.
Dieser wurde zudem von den Wellen, die die Nachbeben des Volcker-Schocks schlugen, erfasst: Der Zinsschock in den USA löste eine Schuldenkrise in Lateinamerika aus; er verteuerte den Schuldendienst der zu einem beträchtlichen Teil in variabel verzinsten Dollaranleihen verschuldeten Länder signifikant.
Die Dollaraufwertung verschlimmerte deren Liquiditätslage. Die britischen Banken waren die wichtigsten Player im internationalen Bankgeschäft und wurden von der lateinamerikanischen Schuldenkrise besonders hart getroffen (Enkyo 1989: 191).
Die beiden Einflussfaktoren, die Einführung der IBF in den USA und die lateinamerikanische Schuldenkrise, die mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und der einsetzenden Finanzmarktderegulierung ursächlich in Zusammenhang
stehen, gingen der Liberalisierung der Finanzmärkte in Großbritannien ab 1983 voran.
Ähnlich den Mayday-Reformen in den USA 1975 wurde v. a. der Wertpapierhandel durch die Abschaffung der Börsengebühren liberalisiert. Dies bewirkte eine Beschleunigung an Zusammenschlüssen, Konsolidierungen und Beteiligungen ausländischer Finanzunternehmen. Die entsprechenden Gesetzesänderungen, der „Big Bang“ traten 1986 in Kraft (Enkyo 1989: 203f., 210).
Die Einführung von IBF in den USA beschleunigte nicht nur den Deregulierungsprozess im Ausland, sie öffnete auch das Tor zu weiteren Deregulierungsschritten im Inland: Mit dem Garn-St. Germain Depository Institutions Act (GGDIA) von 1982 wurden den Bausparkassen neue Betätigungsfelder eröffnet, insbesondere die Unternehmensfinanzierung (Sherman 2009: 7).
Der GGDIA war eine Reaktion auf die Abschaffung der Zinssatzdeckelung durch den DIDMCA, durch die den Bausparkassen die Zinsvorteile abhandengekommen waren. Die Bevorzugung der „savings and loans associations“ in Regulation Q war ursprünglich als Förderung von Bauinvestitionen konzipiert gewesen (Gilbert 1986: 28).
Während die Einführung der IBF prototypisch für die kompetitive Deregulierung auf internationaler Ebene war, war es der GGDIA für die innerstaatliche Deregulierung: Die Bausparkassen, deren Vorteile durch Deregulierung endeten, wurden entlastet, indem ihr Betätigungsfeld erweitert und ihnen neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet wurden. Gleichzeitig schränkte dies die Profitabilität der in diesen Bereichen angestammten Unternehmen ein und erzeugte neue Risiken (Sherman 2009: 7).
Die „Big Bang“- und „Mayday“-Reformen entzogen den Investmentbanken einen gesicherten Strom an Einkünften (Beratungsgebühren) und exponierten sie der direkten Konkurrenz zu anderen Finanzdienstleistern.
Die kleinteiligen Personengesellschaften waren nicht mehr wettbewerbsfähig und wurden durch kapitalgesellschaftliche Organisationsformen oder Zusammenschlüsse mit anderen Banken ersetzt (The Economist 2008: 75–76).