Geldmarktfonds Timelines: Geld-Finanzregulierungen

Mit der Hochzinspolitik wurde die Finanzmarktregulierung als konstitutives Element jenes makroökonomischen Ordnungsrahmens preisgegeben, denn sie konterkarierte die Zinssatzdeckelung und provozierte Ausweichverhalten. Der zwei Jahrzehnte zuvor etablierte Eurodollarmarkt bot dafür die besten Bedingungen (s. u.). Aber auch am heimischen Markt gelang es Finanzmarktakteuren, die Zinssatzdeckelung zu umgehen, nämlich über Geldmarktfonds.
Begünstigt wurde dies durch die Deregulierung der New Yorker Börse 1975 („Mayday“, Enkyo 1989: 76ff.); die Abschaffung gesetzlich geregelter Handelsgebühren schmälerte die Profite der Finanzdienstleister und drängte sie in neue Geschäftsfelder.
Geldmarktfonds veranlagten Kapital in US-Staatsanleihen und gaben die Renditen an die Anleger weiter. Da es sich dabei strenggenommen nicht um Zinserträge handelte, kam Regulation Q nicht zur Anwendung. Im Gegensatz zu anderen Anlageformen, wie etwa Unternehmensanleihen oder Aktien, war die Veranlagung in heimische Staatsanleihen aber nicht mit höherem Risiko behaftet als die Veranlagung am Sparkonto, eher mit geringerem.
Geldmarktfonds generierten also höhere Renditen als Bankeinlagen bei maximal gleich hohem Risiko; die Zinssatzdeckelung wurde damit effektiv umgangen. Gegründet 1977 von Merrill Lynch waren sie eine der ersten Formen von „Schattenbanken“, also von Institutionen, die die Aufgaben von Banken wahrnahmen, ohne den Regeln, die für Banken galten, zu unterliegen (Enkyo 1989: 84–87).
Im Zuge der kompetitiven Finanzmarktderegulierung wurden ihre Aktivitäten später immer weitreichender und sie mutierten zu komplexen Finanzinstrumenten, die in der Krise von 2007/08 eine prominente Rolle einnahmen (Eichengreen 2015: 177, 207).
Bis in die 1970er-Jahre war der Renditevorsprung von Staatsanleihen gegenüber Spareinlagen unerheblich, denn Bankeinlagen waren zwar durch die Zinssatzdeckelung reguliert, gleichzeitig sorgte aber „Financial Repression“ dafür, dass die Renditen auf Staatsanleihen gering waren. Der Volcker-Schock (der Zinsschock 1980–1982) hob den Prozess der kompetitiven Finanzmarktderegulierung auf eine neue Ebene: Während die Zinssatzdeckelung im Rahmen des beschränkten Wettbewerbs die Profitabilität der Bankgeschäfte erhöht hatte, wirkte sie sich im neuen Umfeld konkurrierender Anbieter, die sie umgehen konnten, abträglich aus und führte zu einem starken Kapitalabfluss von Banken zu den Geldmarktfonds (Gilbert 1986: 30).
Die Divergenz zwischen Bankeinlagen und Geldmarktfonds brachte aber auch eine Benachteiligung kleiner Anleger mit sich, denen der Zugang zu Geldmarktfonds oft verwehrt blieb (Enkyo 1989: 101).
Der Gesetzgeber sah sich der Aufgabe gegenüber, diese Divergenz zu beseitigen, indem er entweder 1. die Rendite von Geldmarktfonds deckelt, oder 2. die Verzinsungen von Bankeinlagen dereguliert.
Variante eins hätte die Sparer, die in Geldmarktfonds investiert waren, und den öffentlichen Haushalt belastet, da Geldmarktfonds wichtige Abnehmer von Staatsanleihen waren. Zudem hätte sie das Ziel, den Dollarabfluss zu stoppen, konterkariert.
Von einer Deregulierung der Bankeinlagen ging hingegen kein unmittelbares Konjunkturrisiko aus. Die Sorge um die Finanzmarktstabilität, die 1933 zur Zinssatzdeckelung geführt hatte, rückte angesichts des Zusammenbruchs des wirtschaftlichen Ordnungsrahmens, in dem die Finanzmarktregulierung eingebettet war, in den Hintergrund.
Zwar waren die Risiken, die mit der Finanzmarktderegulierung einhergingen, durchaus bekannt; sie wurden aber von der Zuversicht, die von den boomenden Finanzmärkten ausging, überdeckt (Mayer 2015: 188). Mit dem Depository Institutions Deregulation and Monetary Control Act (DIDMCA) beschloss der amerikanische Gesetzgeber 1980, Regulation Q bis 1986 vollständig auslaufen zu lassen.