Privatisierung der Deutschen Post

Postreform II (1994)

Nach dem Fall der Mauer 1989 kamen Überlegungen in der Bundesregierung zu dem Schluss, die drei staatlich geführten Unternehmen der DBP teilweise zu privatisieren. In den damals neuen Bundesländern mussten zum Aufbau der Post- und Telefondienste enorme Investitionen getätigt werden. Allein die DBP Telekom setzte bis 1997 60 Mrd. DM im Nordosten Deutschlands ein. Doch die höchst angespannte Haushaltslage der Bundesregierung ließ keine Beisteuerung von Eigenmitteln zu, so dass die Eigenkapitalquote weit unter das gesetzlich vorgeschriebene Maß von 33 % sank. Aus Rücksichtnahme auf Wählerinteressen verzichtete man auf eine Erhöhung der Post- und Telefongebühren.

Schnellstmöglich musste eine Lösung der Kapitalbeschaffungsprobleme gefunden werden. Das Ergebnis einer erneut eingesetzten Verhandlungskommission nach einem zweijährigen Prozess war 1994 die Postreform II. Alle drei Unternehmen der DBP sollten in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. So konnte die Stärkung des Eigenkapitals, die Beteiligung an internationalen Konsortien und der Ausbau ihrer Positionen in der Welt ermöglicht werden. Sie unterliegen ab 1996 der uneingeschränkten Steuerpflicht, welche nur durch erhebliche fiskalische Verzichte des Bundes möglich wurde. Überlegungen waren ausschlaggebend dafür, dass durch Steuerzahlung der drei Unternehmen, Dividenden oder Aktienverkäufe der Bund in Zukunft einen Ausgleich für den Wegfall der Ablieferungen erhält. Damit entstanden die Deutsche Post AG, die Deutsche Telekom AG und die Deutsche Postbank AG. Für den Verlust an politischer Steuerungskompetenz hält der Bund die Mehrheitsbeteiligung an den Postunternehmen. Zur Regelung der dienstlichen und disziplinarischen Maßnahmen und zur Sicherstellung von Sozialleistungen gegenüber den Beamten, Angestellten und Arbeitern wurde die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost gegründet. Sie verwaltet außerdem die im Bundeseigentum stehenden Aktienanteile an den Unternehmen. Die Postbeamtenkrankenkasse blieb außerdem bestehen, nimmt als Mitglieder jedoch nur Beschäftigte auf, die bereits 1994 im Dienst der Bundespost standen.

Der Bund bleibt für die hoheitlichen Aufgaben im Postwesen und bei der Telekommunikation zuständig. Zu den hoheitlichen Aufgaben zählt die flächendeckende, ausreichende und angemessene Sicherung der Nachfragenden. Zu verstehen sind darunter Fragen der Standardisierung und Normierung, die Funkfrequenzverwaltung, die Erteilung von Genehmigungen für Funkanlagen und die Vorsorge für den Krisen- und Katastrophenfall.

Das Bundesministerium für Post und Telekommunikation (BMPT) bezeichnete die im Sommer 1994 verabschiedete Postreform II als das zentrale Ereignis des Jahres und als eine der größten Reformen der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Die Postreform II beschränkte sich auf die Privatisierung und änderte nichts an der Wettbewerbsstruktur.

Die Postreform war in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert worden; zu den Kernpunkten der Auseinandersetzung zählte unter anderem die Frage nach den Pensionsleistungen der drei Postunternehmen, die sich auf rund 100 Milliarden Mark belaufen.