Proklamation der Volksherrschaft in Libyen

Mit der „Proklamation der Volksherrschaft“ am 2. März 1977 wurde Libyen zu einem Staat mit direkter Volksherrschaft umgestaltet und nannte sich fortan Sozialistisch Libysch-Arabische Volksdschamahirija. Der Koran wurde zur Rechtsgrundlage erklärt, 1200 Volkskomitees übernahmen die Verwaltung aller politischen, sozialen und vieler ökonomischer Angelegenheiten.

Im März 1979 trat Muammar al-Gaddafi von allen Staatsämtern zurück, blieb aber Revolutionsführer – eine Bezeichnung ohne Befugnisse – und konnte sich weiter auf loyale Bevölkerungsteile stützen. Eine aus den Volkskomitees hervorgegangene „Allgemeine Volkskonferenz“ bildete die Legislative. Im Ersten Golfkrieg unterstützte Libyen ab 1985 den Iran gegen den Irak.

Das von 1977 bis 2011 in Libyen bestehende System sah vor, dass das libysche Volk mittels Volkskongressen und Volkskomitees direkt die Macht ausüben sollte. Artikel 2 der vom Allgemeinen Volkskongress beschlossenen Deklaration über die Errichtung der Volksmacht bestimmte den Koran zum Grundgesetz. Der aus der libyschen Arabischen Sozialistischen Union hervorgegangene Allgemeine Volkskongress stellte als oberste legislative Gewalt eine Art Nationalversammlung dar, der sich aus rund 1000 Delegierten der örtlichen Volkskomitees und Basisvolkskongresse zusammensetzte. Als formal oberste exekutive Gewalt war das Allgemeine Volkskomitee eine Art Regierung, dessen Sekretäre (Minister) vom Allgemeinen Volkskongress gewählt wurden, faktisch aber dominierte Revolutionsführer Gaddafi den Allgemeinen Volkskongress, der Gaddafis „Vorschläge“ meist annahm.