Was Frieden in Libyen mit russischem Gas für Europa zu tun hat

Am Montag beginnt im italienischen Palermo eine internationale Konferenz zur Libyen-Regelung. Sowohl Europa als auch Russland umgarnen eine Person, die in Libyen aller Voraussicht nach an die Macht kommen wird – Marschall Chalifa Haftar.

Die Besorgnisse der Italiener waren auf den ersten Blick klar: Die meisten Zuwanderer aus Nordafrika muss vor allem das „Stiefelland“ (und in letzter Zeit auch Spanien) in Empfang nehmen. Zudem macht sich Italien mehr Sorgen als viele andere Länder um die Regelung in Libyen, denn vor dem so genannten „arabischen Frühling“ 2011 war gerade Italien der größte Importeur von libyschem Erdgas (32 Prozent) gewesen.

Wegen zahlreicher Auseinandersetzungen zwischen Gruppierungen, die Territorien südlich von Tripolis kontrollieren, und den von der Uno anerkannten Kräften der Regierung Fayiz as-Sarradsch wurde der internationale Flughafen „Mitiga“ in der Hauptstadt blockiert; oft kam es zu Stromausfällen; die nationale Ölinfrastruktur erlitt große Verluste. Vor diesem Hintergrund wurden die für Dezember geplanten Wahlen auf das Frühjahr 2019 verschoben.

Diese Instabilität in Libyen ist in vielerlei Hinsicht günstig für die westlichen Länder: Die von ihnen begünstigte (und kontrollierte) Regierung, die die Naturressourcen „richtig“ verteilt, attraktive Programme zur Bekämpfung der illegalen Migration usw. – das alles bietet ihnen viele Möglichkeiten für diverse Manipulationen, die oft nicht ganz sauber sind.

Zu den bewaffneten Auseinandersetzungen im Westen Libyens sagte der Befehlshaber der Libyschen Nationalen Armee, Chalifa Haftar, im September, die LNA würde nach Tripolis „zum richtigen Zeitpunkt und auf dem richtigen Weg“ einziehen. Es entsteht eine Situation, in der die vom Westen anerkannte Regierung de facto nicht imstande ist, die Staatlichkeit zu garantieren. Und Haftar kontrolliert seinerseits den größten Teil des libyschen Territoriums, während seine Kräfte Anti-Terror-Einsätze durchführen und das Eindringen von bewaffneten Gruppierungen aus Tschad und Sudan nach Libyen unterbinden.

Und jetzt gibt Haftar zu verstehen, dass er fähig wäre, die seit sieben Jahren andauernde Spaltung seines Landes endlich zu überwinden.

Falls die Wahlen stattfinden, wären die Siegchancen des LNA-Befehlshabers sehr groß. Bei den Gesprächen in Palermo werden die Europäer höchstwahrscheinlich darauf setzen.

Laut dem britischen Boulevardblatt „The Sun“ sind russische Militärexperten in Libyen präsent. Das ist auch nicht gerade überraschend: In Libyen haben die Konzerne Gazprom und Tatneft ihre Objekte. Außerdem sind die Pipelines in Libyen ein wichtiger „Knotenpunkt“ auf dem Weg zum europäischen Markt, von dem man Russland in den letzten Jahren durch die Kriege in Syrien und in der Ukraine sowie durch die Behinderung des Projekts Nord Stream 2 verdrängen will.

Hinzu kommt, dass der Mittelmeerraum in den nächsten Jahren zum Startpunkt für Gaslieferungen vom großen israelischen Gasfeld „Leviathan“ nach Europa wird – durch die Pipeline EastMed, und zwar zwecks „Diversifizierung der Lieferungen“ von russischem Gas. Deshalb, selbst wenn die Behauptungen der „The Sun“-Redaktion, in Tobruk und Bengasi würde es „russische Militärstützpunkte“ geben, nichts als Erfindungen sind, ist das die beste Idee für die Verteidigung der Interessen Russlands im Kontext der Gaslieferungen nach Europa.