Der Eurodollarmarkt Timelines: Geld-Finanzregulierungen

Im Lichte der zunehmenden weltweiten Dollarskepsis nahmen die USA Ende der 1950er-Jahre eine Entwicklung in Kauf, die in London ihren Ausgang hatte (Enkyo 1989: 57ff.): die Etablierung des Eurodollarmarkts. Am Eurodollarmarkt wurden außerhalb der USA und unter anderem von nichtamerikanischen Banken Kredite vergeben, die in US-Dollar denominiert waren.
Der Eurodollarmarkt wurde nicht nur von kommunistischen Staaten genutzt, um Dollartransaktionen außerhalb der USA zu tätigen. Einen Popularitätsschub erhielt er auch durch die Pfundkrise 1957 bzw. die Kapitalverkehrskontrollen, die zu deren Eindämmung eingesetzt wurden (Helleiner 1994: 83–84); diese konnten nämlich durch das Ausweichen auf in US-Dollar denominierte Kredite umgangen werden.
Das wesentliche Merkmal des Eurodollarmarkts in Bezug auf das Verständnis von Finanzmarktderegulierung ist, dass es sich um einen höchst unregulierten Markt handelte. Eurodollarkredite unterlagen nicht den Mindestreserveanforderungen der amerikanischen Zentralbank, sie waren nicht durch die Einlagensicherung gedeckt und die Zinssatzdeckelung kam nicht zur Anwendung.
Durch diesen Mangel an Regulierung wurden höhere Zinserträge erzielt. Dies wiederum stärkte die Dollarnachfrage ohne die konjunkturschädlichen Nebenwirkungen einer restriktiven Geldpolitik; darüber hinaus beeinträchtigte der unregulierte Eurodollarmarkt die Finanzmarktregulierung in den USA selbst (noch) nicht.
Großbritannien sah in dessen Etablierung zudem die Möglichkeit, London als internationales Finanzzentrum zu bewahren. Somit war der Anspruch auf eine keynesianisch-expansive Wirtschaftspolitik innerhalb des asymmetrischen Ordnungsrahmens von Bretton Woods, verbunden mit den hegemonialen Ansprüchen der USA und den Ansprüchen Londons als internationales Finanzzentrum, mitbestimmend dafür, dass der Deregulierungsprozess „offshore“, also außerhalb nationalstaatlicher Regeln, in Gang gesetzt wurde.
Die Handlungsmöglichkeiten des internationalen Finanzkapitals nahmen dadurch erheblich zu. Die Finanzwirtschaft konnte ihre gesamtwirtschaftliche Stellung, die sie vor der Weltwirtschaftskrise 1929 innegehabt und durch die Regulierung eingebüßt hatte, zunehmend konsolidieren.

Es zeigte sich aber, dass der Offshore-Markt für US-Dollar es auf die Dauer nicht vermochte, die fundamentalen Konstruktionsfehler von Bretton Woods, insbesondere das Triffin-Dilemma, auszugleichen. Die expansive Wirtschaftspolitik in den USA in den 1960er-Jahren, insbesondere steigende Militärausgaben für den Vietnamkrieg, aber auch steigende Sozialausgaben

im Rahmen der „Great Society“-Initiative, verstärkten die Krisenanfälligkeit des Dollars (Helleiner 1994: 86).
Der Rückgang der US-Goldreserven setzte sich fort. Insbesondere Frankreich empfand die Sonderstellung des US-Dollars und damit der USA im Währungsgefüge als „exorbitantes Privileg“ und beschleunigte den Tausch seiner Dollarreserven in Gold (Eichengreen 1996: 116, 119). Der Systemkollaps in den frühen 1970er-Jahren war die logische Konsequenz.