Die transparenteste Wahl der Welt Timelines: K-Erdgas-Erdöl, N-Venezuela, N-Venezuela-takeover, US-Imperialismus

Am 6. Dezember finden in Venezuela Parlamentswahlen statt. Angesichts vieler Vorwürfe der Opposition und internationaler Medien wegen mangelnder Transparenz und angeblicher Manipulation lohnt sich ein Blick auf das außergewöhnliche venezolanische Wahlsystem und das Verhalten der verschiedenen politischen Akteure.

Was wird gewählt?

Es werden insgesamt 167 Abgeordnete zur Nationalversammlung gewählt, davon 113 in Direktwahl in den 87 Wahlkreisen (circunscripciones), 51 über Landeslisten der Parteien (wie in Deutschland) und drei durch die indigenen Gemeinden.

Venezuela verfügt über nur eine Parlamentskammer, die sowohl Volks- als auch Regionenvertretung ist. Aufgrund des Zuschnitts der Wahlkreise werden bevölkerungsarme Regionen eher überrepräsentiert, während städtische Ballungszentren verhältnismäßig weniger Abgeordnete entsenden. Dieses Ungleichgewicht ist in Artikel 1861 der Verfassung von 1999 festgeschrieben, um auch ländlichen Regionen eine angemessene Vertretung im Parlament zu garantieren.

Dadurch kann es geschehen, dass eine politische Kraft die Mehrheit der Sitze erringt, ohne im landesweiten Durchschnitt über eine Stimmenmehrheit zu verfügen. So erreichte die regierende Vereinte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) bei den Wahlen 2010 nur 48,13 Prozent der Stimmen, aber 98 der 167 Parlamentssitze. Das Oppositionsbündnis Tisch der demokratischen Einheit (MUD) kam mit landesweiten 47,22 Prozent auf 65 Sitze.

Vonseiten der Opposition hat es immer wieder Vorwürfe gegeben, durch die Verteilung der Wahlkreise würde einseitig das Regierungslager bevorzugt. Tatsächlich zeigte eine Studie2 des oppositionsnahen Portals Prodavinci, dass der Wahlkreiszuschnitt im Endeffekt für die Sitzverteilung zwischen Regierung und Opposition “irrelevant” war.

Ein zuverlässiges Wahlsystem

Venezuela verwendet seit 2004 ein vollständig elektronisches Wahlsystem, das stetig ausgebaut wurde. Kern des Systems ist die Stimmabgabe an einer Wahlmaschine mit elektronischer Wahltafel, auf der die Parteien und Kandidaten aufgeführt sind, und einem Touch-Screen. Nach der elektronischen Abgabe der Stimme druckt die Wahlmaschine einen Beleg aus, den der Wähler zusätzlich in eine Urne gibt. Mit dieser doppelten Erfassung jeder abgegebenen Stimme wird eine Fälschung des Resultats, etwa durch Hackerangriffe, verunmöglicht.

Um zu verhindern, dass eine Wählerin oder Wähler mehrere Stimmen abgibt oder nicht registrierte Personen abstimmen, muss die Wahlmaschine mit dem persönlichen Fingerabdruck aktiviert werden. Nur wer im Wählerverzeichnis erfasst und im betreffenden Wahllokal stimmberechtig ist, kann an der Wahl teilnehmen.

Auf der elektronischen Wahltafel werden Kandidaten ausgewählt, an der Wahlmaschine wird die Stimme abgegeben

In den vergangenen Jahren wurden seitens des Nationalen Wahlrats (CNE) große Anstrengungen unternommen, um möglichst alle Bürgerinnen und Bürger im Wahlregister zu erfassen. Zwischen 1998 und 2014 stieg die Zahl der eingeschriebenen Wähler von elf auf 19,4 Millionen. Bei einer Wahlbeteiligung zwischen rund 65 Prozent (Parlamentswahlen 2010) und 80 Prozent (Präsidentschaftswahlen 2012 und 2013) ist die Repräsentativität der Wahlergebnisse gewährleistet.

Das Wahlsystem zeichnet sich weiter durch eine ganze Reihe von Überprüfungen aus, welche in den Monaten vor der Wahl durchgeführt werden. Dabei werden die Wählerregister, die Wahlmaschinen, die Übertragungsnetze und das Auszählsystem in Anwesenheit der verschiedenen politischen Parteien und ausländischer Experten getestet. Auch am Wahltag selber und in der Nachbearbeitung der Wahlen finden verschiedene Überprüfungs- und Evaluierungsverfahren statt, um die Transparenz der Wahl zu gewährleisten.

Internationales Lob

Der ehemalige US-Präsident James Carter bezeichnete das venezolanische Wahlsystem als “das beste der Welt”. Das von ihm geführte Carter Center begleitete zwischen 1998 und 2013 mehrere Wahlgänge in Venezuela. Laut Carter hebe sich das System des CNE positiv von insgesamt 92 Wahlprozessen ab, welche die NGO weltweit beobachtet hat.

Das renommierte US-amerikanische Magazin Forbes würdigte Venezuelas Wahlsystem 2013 in einem Artikel. “Venezuela verfügt über eines der technologisch fortschrittlichsten Wahlsysteme der Welt, das eigens geschaffen wurde, um Wahlbetrug oder Fälschung zu verunmöglichen und die Richtigkeit der Resultate zu garantieren”, heißt es dort. Die zahlreichen Überprüfungen des Systems vor, während und nach der Wahl im Beisein aller politischen Parteien machten den Wahlprozess in Venezuela zum “transparentesten der Welt”.

Auch der ehemalige Schweizer Botschafter in Caracas, Walter Suter, bestätigt dies. “Aufgrund meiner Erfahrungen bei bisher sechs Beteiligungen als Wahlbegleiter, davon zwei als Botschafter der Schweiz bei EU-Wahlbeobachtungsmissionen (2005 und 2006), ist das System absolut wasserdicht”, sagte der frühere Diplomat gegenüber amerika21. Suter verweist ebenfalls darauf, dass die Vertreter der politischen Parteien an allen Überprüfungen des Systems beteiligt und am Wahltag selber in sämtlichen 40.000 Wahllokalen anwesend sind.

Tatsächlich sieht das Wahlreglement vor, dass für jeden Wahltisch neben dem Vorsitzenden, dem Sekretär und zwei Helfern, die durch das Los bestimmt werden, auch je ein Wahlzeuge von den verschiedenen Parteienbündnissen ernannt wird. Dies garantiert, dass zumindest je ein Vertreter von Regierungs- und Oppositionsparteien vor Ort ist und eventuelle Unregelmäßigkeiten melden könnte.